Personalmangel im Ladenbau

Thomas Frey, Inhaber der Personalberatung Personalpotential und Buchautor

Herr Frey, Sie sind Personalexperte für den Ladenbau und Handel. Diese Branchen klagen über Personalmangel, der zunehmend das Geschäft beeinträchtigt. Können Sie das aus Ihrer Praxis bestätigen?

Deutschland = Personalnot. Laut der Bundesagentur herrscht derzeit in gut 70 Berufen ein Personalengpass auf Fachkraftniveau. Gerade im Sektor Bau ist der Bedarf an Fachkräften enorm, wie z.B. im Bereich Elektrik oder im Bereich HLKS. Laut dem Zentralverband des Deutschen Handwerks fehlen derzeit bundesweit ca. 250.000 Mitarbeiter im Sektor Handwerk und Bau. Die Folgen: Durchschnittlich liegt die Wartezeit bis zum Auftragsbeginn im Handwerk bei knapp neun Wochen. Im Bau- und Ausbaubereich sogar bei zehn bis fünfzehn Wochen. Auf eine Reparatur z.B. im Bereich HLKS wartet ein Kunde auch mal mehr als sechs Monate. Und ein Ende der Misere ist noch nicht in Sicht. 

Neben der enormen Knappheit an Material ist somit der Mangel an Fachpersonal ein großes Hindernis, das Kundenbindung- und gewinnung belastet.

Das gilt selbstverständlich auch für meine Lieblingsbranche, den Ladenbau. Somit kann ich das voll und ganz bestätigen, auch gestützt durch diverse Gespräche mit unterschiedlichen Entscheidern in der Branche.

Wo liegen die Probleme?

Im Retail passiert einiges: Gangbreiten werden angepasst, neue Zonen geschaffen, Schleusen eingebaut, Möbel in Bezug auf Antivirenbeschichtung überarbeitet, es wird rückgebaut, da diverse Flächen schließen oder wieder umgebaut werden, neue Marken entwickeln sich rasant und eröffnen neue Stores. Somit sind auch die großen Handelsunternehmen vermehrt auf der Suche nach Fachpersonal. Während der Pandemie kam er schon auf, der Materialmangel, da Lieferketten eingebrochen waren. Das hatte zur Folge, dass diverse Unternehmen wieder die Verbindlichkeit und die Nähe zu den Lieferanten „um-et-eck“ gefunden haben, auch diese Lieferanten stellen nun neues Personal ein.

Hinzu kommen die massiven Auswirkungen der Überflutungen Mitte Juli. Schäden in Milliardenhöhe sind entstanden, daher werden in vielen Regionen zunächst Designer, Fachplaner und Gutachter benötigt, um die entstandenen massiven Schäden zu prüfen und anschließend neue Planungen zu erstellen. Auch Bauleiter und Projektmanager werden umfangreich benötigt, denn auch Abbruch und Rückbau benötigen Kalkulation und Überwachung und die dazu notwendigen Leistungen müssen beschafft werden.

Der seit Jahren anhaltende massive Wohnungsbau in Verbindung mit den weiterhin niedrigen Zinsen trägt ebenfalls dazu bei, dass rund ums Bauen Menschen gesucht werden. Der Bausektor kann sich einerseits freuen über viel Arbeit, bekommt sie aber andererseits mangels Fachkräften nicht erledigt. 

Welche Auswirkungen bekommen Sie mit?

Ich führe im Rahmen der Anforderungsprofilerstellung von bspw. Planern oder Projektentwicklern diverse Gespräche mit Verantwortlichen der Bauabteilungen unterschiedlicher Handelsunternehmen. Natürlich kommt auch hier das Thema Personalmangel bei den Lieferanten, also dem Ladenbau und dessen Zulieferern, auf. 

Immer wieder mal wird mir mitgeteilt, dass derzeit neue Dienstleister und Ansprechpartner gesucht werden, wenn es um die Neugestaltung von Flächen geht, da der Service und die Treue einiger bisheriger Partner nicht mehr zufriedenstellend ist. Das betrifft einmal fehlendes Personal, da bestimmte Leistungen nicht termingerecht erbracht werden oder die Erfüllung von Leistungen, wie z.B. Planungen, welche nicht zur Zufriedenheit erledigt werden. 

Daher mein Tipp für den Ladenbau:

Vorhandene Talente hegen, pflegen und fördern: Das bedeutet, die Betrachtung des Potentials, der Persönlichkeit und der Interessen des einzelnen Mitarbeiters. Bei einer solchen Betrachtung (von Bereich über Abteilung bis hin zum Einzelnen) lassen sich so nebenbei auch die „Hot Spots“ für drohende Fluktuation einfach identifizieren und dann zügig beseitigen. Talente vorausschauend suchen, die Suche bewusst gestalten. Personalsuche beginnt bei vielen Unternehmen erst, wenn der akute Bedarf eintritt. Eine Firma benötigt heute im Schnitt über 130 Tage um einen offenen Arbeitsplatz zu besetzten. Die Suche erst dann zu starten, wenn der Bedarf entsteht, ist viel zu spät. Ich empfehle hier eine klare Suchstrategie, welche kurz und langfristig ausgerichtet sein sollte.

Für Talente sichtbar sein: 60 % der Arbeitsplatzsuchenden informieren sich vorab aktiv über ein Unternehmen auch im Internet. Social Media wird gern als Informationsgeber verwendet. Hier sollte seitens der Unternehmen kein allgemeingültiges blablabla stehen, sondern ein Unternehmen sollte sich hier mit echten Inhalten präsentieren, wie z.B. ein Blick ins Büro, oder fachliche Schwerpunkte, für welches ein Unternehmen steht.

Erschienen im dLv-Insider 67.

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